Allgemeines zum Thema Stadionverbote
Stadionverbote sind ein Thema, das viele Fanszenen in Deutschland beschäftigt. Viele Kurven klagen über willkürliche Stadionverbote, die immer mehr unschuldige Fans treffen. Oft werden Stadionverbote schon für Nichtigkeiten wie zum Beispiel Aufkleber kleben ausgesprochen. Da Stadionverbote keine strafrechtliche Angelegenheit sind, braucht man für die Ausstellung auch keine Beweise – es genügt der Verdacht bzw. die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Jeder Verein sowie der DFB dürfen im Namen aller anderen Vereine Stadionverbote aussprechen; die anderen Vereine müssen diese dann sowohl anerkennen als auch durchsetzen. Durch die Anerkennung der Lizensierungsordnung wird die Ausübung des Hausrechts vom jeweiligen Verein auf alle anderen Vereine plus den DFB ausgeweitet. Das heißt: Das so genannte "bundesweite Stadionverbot" ist demnach bei Spielen der Ligen 1-3 und auch bei Pokal- und Länderspielen im Inland wirksam.
Obwohl in den Richtlinien des DFB (sogar gleich in §1) steht, dass es sich beim Stadionverbot nicht um eine Strafe, sondern um eine Präventivmaßnahme handelt, verfahren Vereine und DFB damit meist ganz anders. Nach den aktuellen Richtlinien (gültig seit Juni 2005) gestattet der DFB im engen Rahmen sogar alternative Maßnahmen; doch sogar von diesen wird so gut wie kein Gebrauch gemacht. Zurzeit verhängen die Vereine und der DFB größtenteils bundesweite Stadionverbote in der Dauer von drei bis fünf Jahren und sind meist auch im Nachhinein nur selten dazu zu bewegen, ihre Entscheidung zu überdenken. Dabei wären soziale Arbeitsstunden oder pädagogische Bewährungsauflagen sehr viel effektiver. Der Betroffene könnte somit weiterhin in der Fanszene integriert bleiben und auch von dieser in seiner "Resozialisierung" unterstützt werden. Aufgrund der massiven und anhaltenden Proteste fast aller Fanszenen Deutschlands, hat der DFB mittlerweile eingesehen, dass die geltende Stadionverbotsvergabepraxis ungerecht ist und Änderungen notwendig sind. Der Sicherheitsbeauftragte des DFB, Helmut Spahn, äußerte sich anlässlich des DFB-Fankongresses in Leipzig wie folgt:
"Gerade auch aufgrund der Gespräche mit den Fans in Leipzig wollen wir das Verfahren der Stadionverbote reformieren. Wir wollen die Dauer der Verbote, die maximal zwischen drei und fünf Jahren gelten können, gerechter gestalten und gegebenenfalls auch verkürzen. Zudem muss der Heimatverein des jeweiligen Fans beim Verfahren eingebunden werden. Schließlich wollen wir im Dialog mit den Vereinen, den Fan-Projekten und der Polizei ein System der Bewährung erarbeiten. Einige Vereine haben damit bereits positive Erfahrungen gemacht."
Es deutet sich aber schon an, dass die versprochenen Zugeständnisse des DFB nicht weit genug gehen werden und allenfalls leichte Korrekturen zu erwarten sind. Solange Fans aufgrund fadenscheiniger Argumente und ungerechten Richtlinien aus den Stadien ausgesperrt werden – so lange wird unsere Gruppe dagegen ankämpfen.
Rechtshilfe
Hier erhaltet ihr wichtige Infos rund um das Thema Stadionverbote sowie damit zusammenhängende Themen wie Vorladungen bei der Polizei, die Datei Gewalttäter Sport oder Infos über das Recht der Aussageverweigerung.
Was tun bei drohendem Stadionverbot?
Fälschlicherweise denken viele immer noch, dass die Polizei Stadionverbote aussprechen kann. Das ist falsch. Ein Stadionverbot kann nur vom jeweiligen Verein, bei dem der Vorfall passiert ist, ausgestellt werden. Die Polizei kann Stadionverbote zwar vorschlagen, entscheiden tut aber allein der Verein. Deshalb ist von einer Aussage bei der Polizei unbedingt abzuraten! Stattdessen sollte man sich mit dem Fanbeauftragten seines Vereins in Verbindung setzen (beim VfB Ralph Klenk, Kontakt siehe Rubrik Cannstatter Kurve/Institutionen) Dieser ist auch bei Vorfällen, die auswärts passiert sind, der richtige Ansprechpartner, da er den Kontakt zum jeweiligen Heimverein, der über ein Stadionverbot zu entscheiden hat, herstellen und sich für den betroffenen Fan einsetzen kann.
Muss ich gegenüber der Polizei aussagen?
Als Beschuldigter einer Straftat hast du das Recht, die Aussage zu verweigern (§ 136 StPO). Über dieses Recht ist der Beschuldigte auch zu belehren, andernfalls ist seine Aussage (sogar etwa ein Geständnis) nicht verwertbar und damit unbrauchbar. Gegenüber der Polizei bist Du nur verpflichtet, Angaben zu deiner Person zu machen, das sind ausschließlich:
- Name, Vorname
- (Melde-)Adresse
- allgemeine Berufsbezeichnung (z.B. "Student" oder "Angestellter")
- Geburtsdatum und -Ort
- Familienstand (z. B. "ledig")
- Staatsangehörigkeit
Bei ALLEN anderen Fragen hast du das Recht, die Aussage zu verweigern. Von diesem Recht solltest du unbedingt Gebrauch machen. Du musst weder Angaben über dein monatliches Einkommen noch über deinen Arbeitgeber machen, und du musst dich auch nicht in ein Gespräch verwickeln lassen. Auch wenn Polizisten dir erzählen, dass es "besser wäre jetzt sofort auszusagen", ist das schlichtweg falsch. Du hast nach der Vernehmung noch genug Zeit, über eine Aussage in Ruhe nachzudenken und sie mit einem Anwalt zu besprechen, der dir hilfreiche Tipps geben kann, damit du bestmöglichst da raus kommst.
Auch wenn du meinst, dir werden Sachen vorgeworfen, mit denen du gar nichts zu tun hast, solltest du trotzdem die Aussage verweigern. So eine Aussage kann möglicherweise einen anderen Fan belasten. Auch Informationen darüber, was Du NICHT getan hast, helfen der Polizei, ein Gesamtbild gegen dich und andere zu konstruieren. Es ist jedoch ein Gebot der Solidarität gegenüber anderen Fans und der Vernunft im Hinblick auf ein mögliches eigenes künftiges Strafverfahren, andere nicht zu belasten.
Was tun im Verhör?
Lass dich im Verhör nicht einwickeln. Am besten ist es, von vorneherein klar zu machen, dass du umfassend die Aussage verweigerst. Nach den Fragen zur Person kommen oft erstmal ganz "unverfängliche" Fragen: "Wie lange wohnen Sie denn schon in...?" "Sind Sie mit dem Auto hergekommen?" "Im wievielten Semester sind Sie?"... Wenn sie merken, dass du darauf eingehst und antwortest, werden sie ihre Chance wittern und weiterbohren. "Was ist denn dabei, wenn Sie mir sagen, ob Sie mit XY zusammenwohnen?" "Warum wollen Sie mir denn das nicht sagen?" "Das lässt sich doch feststellen, wem das Auto gehört, das hält doch jetzt nur auf, wenn Sie es nicht von sich aus sagen" usw. Völlig anders ist die Situation in dem Augenblick, in dem du unmissverständlich klar machst, dass du die Aussage verweigerst: Auf jede Frage: "Ich verweigere die Aussage!" Keine Angst, niemand hält dich für blöd, auch wenn dein Gegenüber so tun wird. Er/sie wird im Gegenteil sehr schnell kapieren, dass es dir ernst ist und du deine Rechte kennst.
Muss ich zu einer Vorladung der Polizei erscheinen?
Wirst du von der Polizei vorgeladen, musst du nicht hingehen. Nur zur Staatsanwaltschaft, zum Ermittlungsrichter und zu einem Prozesstermin musst du erscheinen (auch dort hat man das Recht, die Aussage zu verweigern). Zu polizeilichen Vorladungen muss man nicht erscheinen, auch wenn die Schreiben teilweise so formuliert sind, als wäre es eine Verpflichtung. Du bist auch nicht verpflichtet abzusagen. Einzelheiten solltest du mit deinem Anwalt besprechen. Als Zeuge hast du das Recht, erst auf die Vorladung durch einen Staatsanwalt oder Richter zu warten, bis du eine Aussage machst. Dies solltest du auch tun, um den Schaden für dich und andere möglichst gering zu halten.
Wie verhalte ich mich gegenüber szenekundigen Beamten?
Es ist Aufgabe der szenekundigen Beamten (= Zivilbeamte = "Zivis"), Informationen über die Fanszene zu sammeln. Um diese Aufgabe zu erfüllen, sind sie auf persönliche Kontakte angewiesen. Es ist also ihr Job, "nett", "verständnisvoll" und "hilfsbereit" zu sein. Es ist deshalb zu empfehlen, gegenüber szenekundigen Beamten jegliche Aussage zu verweigern. Auch harmlose Fragen wie zum Beispiel "Fahrt ihr zum nächsten Spiel nach Bielefeld?" oder "Wie war’s beim letzten Spiel so?" sollte man nicht beantworten. Sie sind darauf geschult, auch scheinbar unwichtige Details zu einem Bild über dich und dein Umfeld zusammenzufügen. Jede Frage dient ihnen dazu, Fakten zu sammeln und ein Gesamtbild von dir zu erstellen, um es später bei einem Vorfall möglicherweise verwenden zu können.
Infos zur Datei "Gewalttäter Sport" (GS)
Eingeführt zur zentralen Erfassung von Gewalttätern im Zusammenhang mit Sportereignissen, entwickelte sich die Datei "Gewalttäter Sport" (GS) zu einer Schikanemaßnahme gegen Fußballfans. Die Formulierung für die Aufnahme in die GS-Datei ist teilweise sehr vage: "Dort werden Personen gespeichert (...) wenn zu befürchten ist, dass die betroffenen Personen sich in Zukunft an anlassbezogenen Straftaten beteiligen werden." Damit sind Willkürmaßnahmen gegen Fans Tür und Tor geöffnet. Die Behörden sind nicht einmal verpflichtet einer betroffenen Person die Aufnahme in diese Datei mitzuteilen. Somit besteht auch keine Möglichkeit, gegen die Aufnahme in die GS-Datei Protest einzulegen. Eine Feststellung der Personalien kann ausreichen, um in die GS-Datei zu gelangen, wenn beispielweise ein Zug voller Fans kontrolliert wird, wenn man am Stadion zufällig in der Nähe einer polizeibekannten Person steht oder wenn man aufgrund seiner Fankleidung in einer Zwangseskorte zum Stadion geführt wird. Stadionverbotsinhaber stehen in der Regel auch in der GS-Datei. Wenn das Stadionverbot aufgehoben wird, weil das Ermittlungsverfahren wegen erwiesener Unschuld eingestellt wurde, steht man oft immer noch drin. Mögliche Folgen bei einem Eintrag in die GS-Datei sind Hausbesuche der Polizei, um eine "Gefährdenansprache" durchzuführen, Verhängen von Meldeauflagen, Ausreiseverbot bei internationalen Spielen.
Was kann man tun?
Die Zentrale Informationsstelle (ZIS) ist verpflichtet, auf die Anfrage von Einzelpersonen hin Auskunft zu geben, ob sie in der Datei stehen oder nicht. Deshalb sollte sich JEDER darüber informieren (Das Formular findest du hier als Download). Sollte jemand zu Unrecht in der Datei sein und eine Löschung beantragen wollen, kann man sich an den Datenschutzbeauftragten des jeweiligen Bundeslandes wenden oder per Anwalt dagegen vorgehen. Mehrere Gerichtsverfahren gegen Ausreiseverbote sind bereits zugunsten von Fußballfans ausgegangen.
Infos zu den Dateien POLAS BW und INPOL
Allerdings gibt es nicht nur die Datei GS. Es ist davon auszugehen, dass Du im Falle früherer Ermittlungen in Dateien wie der POLAS BW oder INPOL gespeichert bist. Und das selbst dann, wenn das entsprechende Verfahren gegen dich eingestellt wurde. POLAS BW ist das Polizeiliche Auskunftssystem Baden-Württemberg. Dieses sehen normale Streifenpolizisten, zum Beispiel bei einer Ausweiskontrolle oder auch der Zoll beim Grenzübertritt. Um sich vor unliebsamen Überraschungen im Alltag oder bei einer Urlaubsreise an der Grenze zu schützen, ist zu empfehlen, eine Auskunft über die Speicherung einzuholen. Eine Auskunft über deine Daten kann nur die Stelle geben, die diese auch gespeichert hat. Fordere nach §21 LDSG Auskunft über die über dich gespeicherten Daten (das Formular findest du hier als Download). Vergiss nicht das Aktenzeichen des Verfahrens anzugeben und die Briefe immer per Einschreiben abzuschicken. Eine Speicherung ist – wenn die Ermittlungen eingestellt wurden – nur dann zulässig, wenn begründete Wiederholungsgefahr besteht. Sollten Daten also zu Unrecht gespeichert sein, so kannst du nach §23 LSDG die Löschung dieser beantragen.
Was kann man noch tun?
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Hessen geht Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern nach, die der Ansicht sind, dass eine Behörde oder sonstige öffentliche Stelle (z. B. ein Einwohnermeldeamt, Finanzamt, Sozialamt, Gesundheitsamt, eine Führerscheinstelle, eine Polizeidienststelle, Staatsanwaltschaft, Schule oder Hochschule, nicht aber kirchliche Stellen oder der Südwestrundfunk, für die Besonderes gilt) zu Unrecht ihre Daten erhoben, gespeichert, genutzt oder weitergegeben hat oder ihrer Pflicht zur Datenlöschung nicht nachgekommen ist.
(Quelle: http://www.datenschutz.hessen.de/
Kontakt:
Der Hessische Datenschutzbeauftragte
Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch
Postfach 31 63
65021 Wiesbaden
Gustav-Stresemann-Ring 1
65189 Wiesbaden
Tel. 0611/1408-0
Fax 0611/1408-900 oder -901
Poststelle
Downloads
Die neuen Richtlinien zur Vergabe von Stadionverboten (gültig ab 31.03.2008) (Download)
Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten. Endfassung aufgrund der Verabschiedung durch den DFB-Sicherheitsausschuss am 18.02.2005 (Download)
Positionspapier zur Änderung der Stadionsverbotsrichtlinien (Ausgearbeitet von der Fan- und Förderabteilung von Eintracht Frankfurt, unterstützt von vielen Fanvertretungen) (Download)
Formular zur Auskunft über eine eventuelle Eintragung in der Datei Gewalttäter Sport: (Download)
Underberg Boys Cassel unterstützt Fanrechtefonds
Im Dezember 2006 riefen mehrere engagierte Fangruppen den "Fanrechtefonds" ins Leben, um Faninteressen vor Gericht durchsetzen zu können. Underberg Boys Cassel spendete zur Unterstützung der Arbeit des Fonds 200 Euro.
Alle Informationen über den Fanrechtefonds erhaltet ihr auf dessen Homepage:
http://www.fanrechtefonds.de oder klick auf den Banner !!!